Die blo­ße Ankün­di­gung eines pri­va­ten Gesprächs zwi­schen einem Unter­neh­mer und einer oppo­si­tio­nel­len Poli­ti­ke­rin löst eine hys­te­ri­sche Bla­se aus, die sei­nes­glei­chen sucht. Man fühlt sich an längst ver­gan­ge­ne Zei­ten erin­nert, als die „Tür­ken vor Wien“ ver­gleich­ba­re Mas­sen­psy­cho­sen her­vor brach­ten, Kreuz­zugs­men­ta­li­tät inbe­grif­fen. Wäh­rend die einen den Unter­gang des Abend­lan­des an die Wand malen, erseh­nen die ande­ren sei­ne Ret­tung. Der mas­si­ve Rea­li­täts­ver­lust hat bei­de Lager glei­cher­ma­ßen erfasst. 

IT-Krie­ger, ob beauf­tragt oder pro­ak­tiv, such­ten im Vor­feld die Ser­ver, die das Gespräch für den deutsch­spra­chi­gen Raum wei­ter­ver­brei­te­ten, mit deni­al-of-ser­vice Atta­cken lahm zu legen. Ein Spe­zi­al­trupp von 150 EU-Beam­ten wur­de zur Fein­d­auf­klä­rung für die Gegen­of­fen­si­ve in Stel­lung gebracht. Übli­cher­wei­se lösen feind­li­che Mobi­li­sie­run­gen sol­che Gegen­maß­nah­men aus. Für den aktu­el­len Zustand Deutsch­lands genügt eine Gesprächs­an­kün­di­gung.

Eine neo-feu­da­le Nega­tiveli­te, die mit dem Rücken zur Wand steht und schon vor Jah­ren hät­te abtre­ten müs­sen, ver­sam­melt das letz­te Auf­ge­bot zum letz­ten Gefecht gegen das eige­ne Volk. Bevor das Volk falsch wählt, soll es ent­waff­net und ent­mach­tet wer­den. Einen Vor­teil hat die mar­tia­li­sche Rhe­to­rik: der ein­zi­ge Sinn der nächs­ten Bun­des­tags­wahl ist, ihre Annul­lie­rung zu pro­vo­zie­ren. Dann hat auch der letz­te ver­stan­den, was die­se EU unter Demo­kra­tie versteht.

Nach 45 kom­men­tier­te A. Kojè­ve, ein rus­sisch-fran­zö­si­scher Phi­lo­soph, dass nur ein poli­tisch hoff­nungs­lo­ses Land wie Deutsch­land einer Illu­si­on bis zur Erschöp­fung nach­lau­fen kön­ne, was der Kaba­ret­tist Pis­pers auf die For­mel brach­te: Der Deut­sche glaubt noch an den End­sieg, wenn der Rus­se schon vor der Tür steht. Das es die­se Leu­te wirk­lich gab, konn­te ich einem Bericht der Schwes­ter von Bon­hoef­fer entnehmen.

Inter­es­san­ter als das letz­te Gefecht der Lin­ken, die in ganz Mit­tel­eu­ro­pa schon 1989 geschei­tert waren, sind aller­dings die zahl­rei­chen Reak­tio­nen des ande­ren Lagers nach dem Gespräch. Sie ver­ra­ten viel über die Defi­zi­te, die Kojè­ve zur Ein­schät­zung „poli­tisch hoff­nungs­los“ brach­ten. Ich beschrän­ke mich auf die auf­fäl­ligs­ten Punkte.

Gast­ge­ber des Gesprächs war Elon Musk, wor­aus sich auch der vor­ran­gi­ge Adres­sa­ten­kreis ergab, der zu Beginn des Gesprächs genannt wur­de. Frau Wei­del wur­de gebe­ten, den ame­ri­ka­ni­schen Zuschau­ern zu erläu­tern, um was für eine Par­tei es sich bei der AfD han­de­le. Bei der weit über­wie­gen­den Zahl der Kom­men­ta­to­ren muss­te man den Ein­druck gewin­nen, dass ihnen schon die Fähig­keit fehl­te, ihren Platz in einer Kon­stel­la­ti­on unter­schied­li­cher Plät­ze ver­or­ten zu kön­nen. Die deut­schen Kom­men­ta­to­ren saßen weder in der ers­ten Rei­he, noch dreh­te sich das Gespräch um sie, was zahl­rei­che „Intel­lek­tu­el­le“, für die Are­ndt nach der Erfah­rung der frei­wil­li­gen Gleich­schal­tung nur noch Ver­ach­tung übrig hat­te, dazu ver­lei­te­te, sich in ela­bo­rier­ter Stamm­stich­pö­be­lei zu erge­hen. Wer ver­ste­hen will, was gegen­wär­tig auf dem Spiel steht, braucht kei­ne der Fähig­kei­ten, deren Man­gel dort wort­mäch­tig beklagt wurde.

Frau Wei­del stot­te­re mit stüm­per­haf­tem Eng­lisch her­um, ver­wechs­le Kom­mu­nis­ten mit Sozia­lis­ten, sei intel­lek­tu­ell pein­lich, ein pro­vin­zi­el­les Grou­pie und wür­de bei Isra­el nur her­um eiern, um nur ein paar zu nen­nen. Es fehl­ten nur noch die Blon­di­nen­wit­ze. Zahl­rei­che die­ser Invek­ti­ven ver­ra­ten mehr über die Spre­cher, als über das, wor­über sie sich echauf­fie­ren. Ich lese sie als Indiz für die unver­än­dert ver­brei­te­te Sehn­sucht noch dem mythisch-roman­ti­schen Hel­den, dem Erlö­ser, der sie end­lich aus der Dun­kel­heit ins Licht führt. Dass Hit­ler auf die­ser Wel­le nach oben gespült wur­de, scheint bei aller Ver­gan­gen­heits­be­wäl­ti­gung unverstanden.

Die Fra­ge, ob Hit­ler ein Lin­ker oder Rech­ter war, ist so sinn­los wie ein Kropf, wes­we­gen sie ein Lieb­lings­spiel der Ein­falts­pin­sel bleibt, die aus dem geis­ti­gen Hori­zont der Reli­gi­ons­krie­ge nicht her­aus­kom­men. Poli­tisch betrach­tet gab es zwei Hit­ler. Der pri­va­te soll ein freund­li­cher, zuge­wand­ter, sogar char­man­ter Zeit­ge­nos­se gewe­sen sein. Der öffent­li­che war weder Indi­vi­du­um noch Cha­rak­ter. Als Füh­rer einer Bewe­gung war er eine Hohl­form ohne eige­nes Selbst. Als Wil­le des Vol­kes saug­te, sam­mel­te, kon­zen­trier­te und ver­kör­per­te er all das, was die­je­ni­gen, die ihn nach oben tru­gen, in ihm sehen woll­ten. Des­halb ist die Bild head­line bei der Wahl Ratz­in­gers zum Papst noch immer die treff­lichs­te For­mu­lie­rung. Wir waren Hitler.

Nur ganz weni­gen war auf­ge­fal­len, dass man Zeu­ge eines Gesprächs war, einer locke­ren, ent­spann­ten Fei­er­abend­plau­de­rei über Gott und die Welt, einer Selbst­ver­ständ­lich­keit, die in nor­ma­len Gemein­we­sen All­tag ist, aber in Deutsch­land längst Sel­ten­heits­wert hat, weil so gut wie alles und jedes sofort zum Gesin­nungs­krieg umfunk­tio­niert wird. Dass Frau Wei­del nicht der Sieg­fried ist, der in fun­keln­der Rüs­tung den lin­ken Dra­chen bekämpft, hät­te man auch vor­her wis­sen können.

Frei­heit in die­ser Hin­sicht ist sowohl die Eigen­schaft einer Gesprächs­um­ge­bung, die gut genug sein muss, als auch die Bedin­gung der Mög­lich­keit, Feh­ler machen zu kön­nen. Mir sind authen­ti­sche Per­so­nen, die Feh­ler zulas­sen kön­nen und unmit­tel­bar aus ihnen ler­nen, weit­aus lie­ber, als sol­che, die in Hel­den­po­se ein Pro­jekt ver­wirk­li­chen müs­sen und selbst dann noch eisern wei­ter­ma­chen, wenn das Schei­tern längst offen­kun­dig ist.

Ein Letz­tes: Ich hal­te den Satz von Elon Musk „Nur die AfD kann Deutsch­land ret­ten“ für irre­füh­rend. Die poli­ti­sche Auf­ga­be der AfD ist deut­lich begrenz­ter, womit ich anschlie­ße, was ich schon frü­her for­mu­lier­te („Die AfD - der Fuß in der Tür“). Den Durch­marsch einer sozia­lis­tisch-auto­ri­tä­ren bis tota­li­tä­ren Ein­heits­par­tei kann nur die AfD auf­hal­ten. Eine ande­re poli­ti­sche Macht ist nicht in Sicht. Sie könn­te, wenn man sie lies­se, den Irr­sinn stop­pen, eine Scha­dens­be­gren­zung ein­lei­ten, den Rück­wärts­gang ein­le­gen und für uns Zeit gewin­nen, mehr nicht. Dafür ist Frau Dr. Ali­ce Wei­del aus­rei­chend qua­li­fi­ziert. Die Fra­ge, war­um auch die zwei­te deut­sche Demo­kra­tie geschei­tert ist, kön­nen nur die Deut­schen selbst beantworten.