Eine Hommage an Henryk M. Broder und seine Geburtsstadt Kattowitz
In Kattowitz ist nicht nur Henryk M. Broder, der Herausgeber der Achse des Guten – Gott möge sein Haupt vor den Strahlen des Wahnsinns schützen - geboren. In Kattowitz kam auch der polnische Papst Karol Wojtyla zur Welt und erwarb dort seinen freiheitlichen Charakter. Und in Kattowitz startete Greta Thunberg ihre internationale Panik-Show. Beim Treffen der Propheten und Profiteure des Untergangs war auch Al Gore als Prototyp des Politikers und Katastrophen-Wissenschaftler dabei. Das war im Dezember 2018 und ein Jahr später lief schon die nächste Panik-Show, in der das Zeitalter der Verklärung zu Ende geht. Es gab Ankündigungen und wir wussten natürlich, dass das Herz vieler Klima-Aktivisten nicht nur für Mutter Erde schlug, sondern auch für ihre eigene, totalitäre Machtergreifung. Daher war es nicht Gretas Herz für Gaza, die das Ende der Verklärung einläutete, sondern die Freude der Klima-Aktivisten am Zerstörungswerk der globalen Politik der Pandemie. Ausgerechnet in Kattowitz wurde dieser Zeitenwandel angekündigt. „Katowice for a change“ heißt die Werbekampagne der polnischen Stadt, der historischer ausfstieg ganz im Zeichen der Kohle stand: Mal was Neues - Kattowitz!
Die Verliebten
Irgendwo müssen wir die zu Ende gehende Geschichte beginnen lassen und ich setze mit dem Jahr 1964 ein, das den Gipfel der Nach-Kriegs-Euphorie durch Kinderreichtum markiert hat. John F. Kennedy wurde im November 1963 ermordet und die Gemüter brauchten Leichtigkeit und Frohsinn, schrille Farben und Feuerwerk. Das neue Jahr begann mit der deutschen TV-Premiere von „Dinner for One“. Verliebt war diese Generation in die Beatles und Schlager, die das Leben feierten. Nach fast 20 Jahren konzentrierter Schaffenskraft und sachlicher Rechtschaffenheit waren die Menschen offen für intensive Gefühle, auch für die Liebe. Ihr Lieblingstier war der Schmetterling, der für Wiedergeburt und für globale Effekte lokaler Bewegungen stand. Mit Edward Lorenz‘ Chaostheorie wurde dieses geflügelte Insekt zum Sinnbild der guten und schönen Ordnung („butterfly attractor“). Kein Wunder also, wenn in dieser Zeit auch die marginalsten Befreiungsbewegungen, von Che Guevara Im Westen bis zur PLO im Nahen Osten, auch ihre Anziehungskraft (Attraktion) entwickelten. Die Befreiung des nahe gelegenen Ostens, der Länder des Ostblocks, lag dieser Generation vergleichsweise fern. Kattowize kannten vor allem die Flüchtlinge aus dem Osten. Die revolutionären Subjekte dieser Generation kämpften in den Entkolonialisierungskriegen auf der ganzen Welt. Ihr katastrophales Subjekt war eine neue Kategorie, um die sich bis dahin kaum jemand gekümmert hatte: „die Menschheit“.
Ich schlage vor, die letzten beiden Generationen als
- die Verliebten (1964 bis 1994) und
- die Verklärten (1994 bis 2024)
zu bezeichnen. Die Generation der Verklärung tritt gerade von der öffentlichen Bühne ab und es wird spannend zu sehen, ob die nächste Generation mit enttäuschtem Desinteresse reagiert, oder ob sie den Mut aufbringt, das Bröckeln des Heiligenscheins willkommen zu heißen. Gerade weil der äußere Glanz der Verklärung erlischt, kann in einer momentanen Verdunkelung wieder Selbstaufklärung als innere Erhellung entstehen. Falls Ihnen, liebe Leser, diese Sprache zu religiös oder blumig daherkommt, gebe ich zu bedenken: Verstehen Sie den Wahnsinn der Wirklichkeit noch mit den Mitteln des normalen Menschenverstands oder der natürlichen Wissenschaftlichkeit – also durch Lernen aus Erfahrung? Ich komme hier täglich an Grenzen und greife deshalb auf fundamentale Worte zurück, die mir noch geeignet erscheinen, die Realität zu beschreiben: Liebe und Hass, Hoffnung und Enttäuschung, Mut und Gefahr, Kairos (Glücksmoment) und Katastrophe, Gastfreundschaft und Dankbarkeit, Verführung und Schuld, Böses und Dämonisches, Freund und Feind, Geburt und Tod.
Die Zeit der Verklärung
War die Studentenbewegung anfangs der 60er Jahre eine „letzte Liebeserklärung“ (Klaus Heinrich) an den Anspruch einer Universität, Selbstbestimmung mit der Selbstaufklärung der Gattung Mensch zu verbinden, versank sie spätestens ab 1967 in der Selbstverliebtheit. Der Anspruch auf Selbstaufklärung wurde als erster zu Grabe getragen. So konnte sich Verliebtheit nicht zur Liebe entwickeln und die Bewunderung schlug in Verklärung um. In der Verklärung hängen wir dem Objekt des Begehrens einen Heiligenschein an, der dann uns - von außen – erwärmt und anstrahlt. Dann können wir uns trotz innerer Leere für etwas begeistern und es fühlt sich an als ob wir selbst leuchten. Heute scheinen nur noch wenige, den Unterschied zwischen innerem Leuchten und äußerer Bestrahlung zu kennen. Aber dieser Unterschied wäre heute wichtig, denn wer von innen strahlt kann viel weniger durch Propaganda verstrahlt werden.
Früh bahnte sich in den Verliebten eine Wende in der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus an. Die noch in den Kinderschuhen steckende Beschäftigung mit den Verbrechen in den Zeiten totaler Herrschaft wurde zugunsten ökonomisch-marxistischer Theorien aufgegeben. Als Hannah Arendt 1964 bei Günter Gaus ihr berühmtes Interview gab, hatte die Auseinandersetzung mit der Erfahrung der Selbstabschaffung der bürgerlichen Mitte gerade erst begonnen. Die studentische Protestbewegung war aber schon dabei, ihre anti-bürgerlichen und anti-republikanische Liebäugelei in eine handfeste Schlagseite auszubauen. Arendt wusste aus eigener Erfahrung, wie leicht es den Nationalsozialisten gelang den republikanisch-demokratischen Widerstand einzuverleiben oder auszuschalten. Das bürgerliche Lager hatte 1932 „die sozialistische Entscheidung“ (Paul Tillich) für ein Bündnis gegen Selbstzerstörung verschlafen oder verweigert; die Anbiederung an die Kräfte des Nationalsozialismus und Internationalsozialismus hat sie nicht vor deren Terror bewahrt.
Die verliebte Generation flirtet heute immer noch mit den Kräften des Internationalsozialismus. Das hat – wie wir heute deutlich erkennen können - ihren Realismus und ihre Liebesfähigkeit sehr gestört. Enttäuschungen waren vorprogrammiert.
Erste enttäuschte Liebe
Oft ist es die erste große Liebe, die eine Biografie prägt und die Verliebten hatten einen besonders schweren Anfang. Ihre erste große Liebe galt einem katastrophalen Subjekt, der Menschheit. Diese war eine Verführung und eine tickende Zeitbombe. Wer sich in sie verliebte, wurde in den Strudel lustvoller Selbstzerstörung gesogen. Die Menschheit galt damals als extrem suizidgefährdet. Das Ehepaar Anna und Paul Ehrlich veröffentlichte 1968 ein Buch über die explodierende Bevölkerungsbombe („The population bomb“), das die Faszination und Obsession dieser Generation mit der Menschheit auf den Punkt brachte. Die beiden hatten an Schmetterlingen geforscht und ihre Erkenntnisse auf die Menschheit übertragen. Paul war promovierter Insektenforscher an einer renommierten US-amerikanischen Universität. Bei der Recherche zu Annas akademischer Karriere begegnen wir einem heute wohlbekannten Phänomen: es findet sich fast nichts Handfestes, dafür aber eine lange Liste an staatsfinanzierten, politischen Gremien in denen sie aktiv war. Die Ehrlichs sahen nicht nur Afrika und Indien durch den Zuwachs menschlicher Subjekte in Armut versinken; Paul Ehrlich prophezeite zudem, dass die 7-Millionen-Stadt London im Jahr 2000 verschwunden sein wird. Das provozierte den Ökonomen Julian Simon. Dieser schlug eine Wette vor, die Ehrlich annahm und auf ganzer Linie verlor. Simon widersprach Ehrlichs Unterstellung, dass sich der Preis für wichtige Grundelemente der industriellen Produktion massiv verteuern werde. Simons Vorhersage war: vorausgesetzt es gibt keine staatlichen Preiskontrollen, werden diese Materialien billiger, nicht teurer. Tatsächlich waren 10 Jahre später die Weltmarktpreise für Kupfer, Chrom, Nickel, Zinn und Wolfram gefallen und die Stoffe im Durchschnitt um mehr als ein Drittel billiger. Wer nun denkt, dass Simon durch seine Wette zum Millionär oder zumindest zum Wirtschaftsberater der Regierung ernannt wurde, hat die Zeichen der damaligen Zeit nicht mitbekommen. Wissenschaftler, die korrekte Vorhersagen machen, haben zwar die Grundlagen ihres Faches verstanden, eignen sich aber nicht so sehr für politische Kampagnen und für die Politisierung ihrer Wissenschaft. Das zeigt die Karriere von John Haldron, dem späteren Co-Autor von Paul Ehrlich. Dieser war aus der Astronautik in die irdischen Gefilde der sexuellen Reproduktion der Gattung gewechselt. Dieser ungewöhnliche Sprung aus der kalten Ruhe und Einsamkeit des menschenleeren Kosmos ins laute Gewimmel einer zeugungsfreudigen Menschheit wurde entsprechend belohnt. Zuerst war Haldron Wissenschaftsberater bei Präsident Clinton, dann „Wissenschafts-Zar“ (Director of the Office of Science and Technology Policy) bei Präsident Obama. Wer politisch genehme Wissenschaft produziert, bekommt politische Posten zugeschoben. Haldron wurde dabei noch nicht einmal zum Fallstrick, dass er in den 70ern mit Ehrlich zusammen allzu laut über die Durchsetzbarkeit der wünschenswerten Ein-Kind-Politik, über Sterilisation durch Trinkwasser und über Zwangs-Adoptionen und Zwangs-Abtreibungen nachgedacht hat. Wenn die Wissenschaft die Welt retten soll, darf sie eben nicht zimperlich sein. Sie muss dem Sog in die lustvolle Selbstzerstörung auch gegen bessere Einsicht und den Einbruch der Realität nachgeben. London steht immer noch, die Armut nahm in den letzten 40 Jahren deutlich ab, während die Menschheit weiter zunahm. Die Verliebten waren vom Objekt der Begierde (der Menschheit) enttäuscht und reagierten wie Verliebte das eben tun, wenn Hingabe und Liebe zurückgewiesen wird. Sie zetern, jammern, klagen und klagen an, bashen und stalken.
Das katastrophale Subjekt wird revolutionär
Zum Glück für die Enttäuschten stand der selbstmörderischen Menschheit das Selbstbestimmungsrecht der Völker zur Seite. Die unterdrückten Völker der Erde wurden zur Rettung der Menschheit angerufen. Sie sollten die hemmungslose Selbstverwirklichung der Einzelnen, die Befreiung vom Kolonialismus und die Selbsthemmung der sexuellen Reproduktion der Gattung verbinden. Das war möglich, indem das katastrophale Subjekt revolutionär wurde. Katastrophal und revolutionär – das ist harter Tobak und gelang nur wenigen. In dieser Zeit begann die Verklärung, und der Terror. Die erzwungene Entschärfung der Populationsbombe fand ihre Entsprechung im Selbstmordattentat für die Selbstbestimmung der Völker. Das Selbstmordattentat wurde zum Kennzeichen der verliebten Generation. Es ist eine sinnlose Zerstörung und Selbstzerstörung mit einer einfachen aber zynischen Botschaft: Wenn die Verdammten dieser Erde sich schon nicht selbst retten können mögen sie wenigstens den Planeten von ihrer störenden Anwesenheit befreien. Oder dann wieder ganz praktisch im terroristischen Befreiungskampf: Da wir euch sowieso ins Meer treiben, könnt ihr auch aufhören euch zu vermehren.
Immer wieder gibt es Hinweise auf eine deutsche Besonderheit was die Radikalität des katastrophalen Subjekts angeht. Offenbar gehört es auch zum nationalen Charakter beim Selbstmord Unbeteiligte mit ins Verderben zu ziehen. Der Anlass zur Vergemeinschaftung in der Selbstzerstörung kann neben der Weltrettung auch die individuelle Depression sein. Die sicherste Fluggesellschaft der Welt ist offenbar nur so sicher wie der depressivste ihrer Piloten. Warum jemand in seinem Elend gleich das voll besetzte Flugzeug mit in den Abgrund nimmt, bleibt ein zu verstehendes Rätsel.
Das Lächeln der Kinder und die Selbstreproduktion der Gattung
Oft wurde das Selbstmordattentat - angesichts der Abwesenheit realer Strategien und erreichbarer politischer Ziele – zur Fortsetzung des Befreiungskampfes als Bevölkerungspolitik. Es geht beim Selbstmordattentat nicht darum, eine bestimmte Forderung durchzusetzen. Es geht darum, den Gehassten die Lust und die Freude am Leben und - stellvertretend dafür - am Kinderkriegen und Kinder groß ziehen, zu nehmen. Die Logik ist allen Eltern klar: So viel Aufwand und Einsatz, um Kinder auf die Erde und ins Leben zu bringen; all das, um dann zu spüren, dass andere das eigene Glück so sehr stört, dass ihnen alle Mittel recht sind, einem das Leben zu vermiesen.
Die diversen Palästina-Befreiungs-Organisationen liefern hier anschauliche Beispiele. Sie wollten den Juden in Israel und auf der ganzen Welt das Leben so schwer machen, dass sie das tun was sie selbst als die größte Katastrophe empfinden, die eigene Heimat verlassen. Da ihre militärische Stärke die direkte Konfrontation nicht zuließ, wählten sie Angst und Schrecken. Der Terror im eigenen Haus sollte den Israelis die Lust an der Erhaltung des Hauses und an der Reproduktion nehmen. Jene, die beim Anblick des Lächelns ihrer Kinder schon glücklich sind, müssen aushalten, dass Eltern bereit sind, das Lächeln ihrer eigenen Kinder dafür ein zu tauschen, anderen die Freude am Kinderkriegen zu vermiesen.
Die Steigerung des Terrors im Selbstmordattentat signalisiert die Bereitschaft des revolutionär-katastrophalen Subjekts sich selbst zu opfern, um den anderen das Überleben zum Albtraum zu machen. Kaum ein Volk verkörpert das katastrophale Scheitern dieses Versuchs dramatischer als die Palästinenser. Heute, 60 Jahre nach der Gründung der Palästina-Befreiungs-Organisation (PLO) ist das Gegenteil von dem eingetreten was die PLO angestrebt hatte. Das Leben der meisten Palästinenser ist ein Albtraum. Israel ist das geburtenreichste Land (3,5 Kinder pro Frau) der westlichen Welt; es strotzt vor Lebenswille; während jeder getötete, junge Soldat in den israelischen Medien mit vollem Namen und Siegerlächeln gezeigt wird, ist die PLO vergreist und die jungen, palästinensischen Männer kämpfen und sterben namenlos und maskiert im Tunnel. Von außen betrachtet: Für welches Land will ein junger Mensch leben und sterben? Jede Anstrengung, jeder Kampf und jede Armee braucht ab und zu das Schild: Mission accomplished! (Mission erfüllt!). Was aber ist die Mission der Palästina-Befreiungs-Organisationen? Die PLO wurde 1964 auf Druck arabischer Staaten gegründet und ihre Mission war von Anfang an fragwürdig: Wer sollte eigentlich befreit werden? Sollte die PLO eine Volksgruppe befreien, deren Mehrheit in den arabischen Staaten lebte? Sollte die PLO, die von Ägypten und Jordanien besetzten Gebiete (Gaza, West-Jordan-Land) befreien? Oder sollten die PLO die „Befreiung“ des gesamten Mandatsgebietes Palästina von Juden erwirken, also die 1948 von den arabischen Nationen vermasselte Zerstörung Israels erneut versuchen?
1964 ist lange her und manche der arabischen Geburtshelfer von damals distanzieren sich von ihrer eigenen Kreation. Kein Wunder, denn die Geburtsfehler von 1964 haben sich inzwischen zur häufigsten, nicht-natürlichen Todesursache entwickelt. Die Geschichte der PLO zeigt exemplarisch, wie die selbstverliebte Umdeutung der eigenen Geschichte zum Befreiungskampf eine ganze Generation und Region in den Abgrund ziehen kann. Das gilt insbesondere dann, wenn das Böse immer nur im Anderen zu finden ist und dadurch die Fähigkeit zur Politik und zum Kompromiss gänzlich auf der Strecke bleibt. Und sie zeigt auch die Bedeutung hoher Geburtenraten und der damit einhergehenden Geschlechterbeziehung in einem Freiheitskampf, der bereit ist die kommende Generation zu opfern. Nach 60 Jahren haben wir eine „explodierende Bevölkerungs-Bombe“ im doppelten Sinne. Über 50% der Bewohner von Gaza und der Westbank sind unter 20 Jahre und haben kaum eine Aussicht auf ein normales Leben mit Kindern. Die Bereitschaft der Führung und Anhängerschaft die eigenen Söhne als Selbstmord-Bomben oder als „Bombenfutter“ zu verheizen, wäre aber ohne die hohe Geburtenrate nicht zu halten.
Die Geschichte der Palästinenser ist ein trauriges Beispiel für die ideologische Erbarmungslosigkeit, mit der diese Generation ihre eigenen Kinder für edle Ziele verkauft. Eine Kritik dieser Bereitschaft, die eigenen Leute selbst für kurzfristige Erfolge zu verheizen, ist nahezu unmöglich. Wer Selbstmord als Politik öffentlich kritisiert, ist entweder übermütig oder suizidal. Durch die Verklärung der Selbstmörder zu Märtyrern in den islamistischen Nachfolge-Organisationen, der Hamas und des Palestine Islamic Jihad (PIJ), ist die öffentliche Diskussion dieser selbstzerstörerischen Politik praktisch unmöglich. Gewalt und Terror ohne Politik hat auch im Falle der PLO dazu geführt, dass das zu befreiende Subjekt (die Palästinenser) zu den bedauerlichsten Objekten der Geschichte des 21. Jahrhunderts geworden sind. Sie bringen sich selbst und jenen, die sich für sie einsetzen kein Glück. Heute wissen die arabischen Regierungen der Region aus eigener Erfahrung: palestinians are bad luck. Die Invasion Israels durch den arabischen Widerstand (Hamas) hat dazu geführt, dass heute (Dezemebr 2024) die arabischen Nationen kaum noch etwas zu melden haben, wenn es um die Zukunft der Region geht. Im Moment sieht es so aus, als würden die drei nicht-arabischen Nationen im Nahen Ostens den Ton angeben: Iran, Türkei, Israel.
Terror und Gastfreundschaft
Zuerst hat die PLO es sich mit ihrem Gastgeber Jordanien verdorben und wurde rausgeworfen. Den Staat der nächsten Zufluchtsstätte (Libanon) hat sie destabilisiert und musste sich daher 1982 erneut eine neue Bleibe suchen. Als der Anführer des Befreiungskampfes, Jassir Arafat, 1990 Saddam Hussein umarmte, nachdem dieser gerade seinen arabischen Nachbarn und vielfachen PLO-Unterstützer in Kuwait überfallen hatte, deportierte Kuwait nach dem Abzug der irakischen Armee kurzerhand die in Kuwait lebenden Palästinenser. Von den ca 400.000 Palästinensern, die vor dem Überfall 1990 in Kuwait lebten waren am Ende kaum noch 20.000 übrig. Ein Massenexodus und eine Deportation - 200.000 in einer Woche.
Die PLO brachte den Palästinensern ebenso wenig Glück, wie ihren Asyl- und Gastgebern. Am Ende blieb ihr nur noch der verzweifelte Versuch, bei den Objekten ihres Befreiungskampfes selbst um Zuflucht zu bitten. Durch die Oslo-Verträge konnte die PLO (endlich?) bei ihren Schwestern und Brüdern in der Westbank und in Gaza ihren Platz finden. Aber selbst das war nicht vom Glück geküsst. Nachdem die PLO dann noch 2000/2001 den Glücksmoment eines maximalen Angebots der Israelis verpasste, verlor selbst das saudische Königshaus die Geduld und sprach aus, was viele dachten: Allah hat den Palästinensern die schlechtesten aller Politiker gegeben. Dem PLO-Hamas-PSJ-Kontinuum blieb dann wenig übrig, als beim schiitischen Erzfeind anzuklopfen. Inzwischen wird die sunnitische Hamas vorwiegend von der schiitischen Hisbollah und von der schiitischen Republik Iran unterstützt, die anderenorts Sunniten massakrieren, einfach weil sie als Sunniten Widersacher im Kampf um schiitische Dominanz sind. Das Massaker am 7. Oktober 2023 hat das Ende der PLO-Hamas-Ära besiegelt. Die Hamas wollte die „islamische Welle“ der Zerstörung von allen Seiten über Israel rollen lassen. Nur die Hisbollah war - mehr oder weniger und halbherzig - bereit, sich für den verlorenen Befreiungskampf selbst ins Elend zu stürzen. Das Ergebnis ist für die Palästinenser seit Jahrzehnten das Gleiche: Selbstzerstörung und Hoffnungslosigkeit. Auch die Schiiten wissen nun Bescheid und die Hisbollah hat erlebt was es heißt, beim Befreiungskampf der Palästinenser mitzumachen. Es könnte gut sein, dass auch sie in Zukunft einen Bogen um die ebenso revolutionären wie katastrophalen, palästinensischen Subjekte machen. Manche funktionalisieren das Leid der Palästinenser, im eigenen Land mag sie in der Region kaum noch jemand haben. Die Selbstverliebtheit und Verklärung ihrer Führer hat sie an den Rand des Abgrunds geführt. Nur bei den westlichen Linken und Grünen schlägt noch das „Herz für Palästina“ und herrscht Freude, Palästinenser ins eigene Boot und Haus zu holen. Nur geht das Boot, in dem sie gemeinsam sitzen, gerade unter. Das ist außerordentlich erstaunlich, denn es waren die Grünen, denen die Synthese von revolutionärem und katastrophalem Subjekt in unnachahmlicher Weise gelang.
Teil 2 veröffentlichen wir am nächsten Sonntag
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