Förmliche Programmbeschwerde nach §21 ZDF-Satzung vom 11.12.20215

im ZDF heu­te jour­nal am 01.09.2024 äußer­te die Chef­re­dak­teu­rin Frau Bet­ti­na Schaus­ten wört­lich folgendes:

Am 1. Sep­tem­ber 1939 begann der Zwei­te Welt­krieg mit dem Angriff der Wehr­macht auf Polen. Deutsch­land über­zog die gan­ze Welt mit Leid und Tod, ermor­de­te sechs Mil­lio­nen Juden. Am 1. Sep­tem­ber 2024 auf den Tag 85 Jah­re danach wird im deut­schen Bun­des­land Thü­rin­gen eine Par­tei stärks­te poli­ti­sche Kraft, die laut Ver­fas­sungs­schutz erwie­sen rechts­extre­mis­tisch ist, mit einem Kan­di­da­ten an der Spit­ze, der wie ein Faschist redet und auch so genannt wer­den darf.

Es wur­den bereits Straf­an­zei­gen gegen Frau Schaus­ten wegen des Ver­dachts der Volks­ver­het­zung nach § 130 Abs. 3 Straf­ge­setz­buch gestellt.

Was ist an dieser Aussage zu bemängeln:

1. Im Unter­schied zum Drit­ten Reich ist die Bun­des­re­pu­blik nach Art. 20 GG ein föde­ra­ler Bun­des­staat. Thü­rin­gen ist ein Bun­des­land. Selbst wenn die Thü­rin­ger AfD die Absicht hät­te, Polen mili­tä­risch anzu­grei­fen: über den Ein­satz der Bun­des­wehr ent­schei­det der Bun­des­tag und nicht der Land­tag in Thüringen.

2. Mir sind kei­ne schrift­li­chen Bele­ge oder irgend­wel­che Aus­sa­gen im AfD Kon­text bekannt, die dar­auf hin­wei­sen, dass ein Kriegs­ein­satz gegen ein Nach­bar­land geplant sein soll. Beim bekla­gens­wer­ten Zustand der Bun­des­wehr wären sol­che Pla­nun­gen rein mili­tä­risch gese­hen auch völ­lig absurd. Frau Schaus­ten hat in ihrer Aus­sa­ge kei­ne belast­ba­ren Bele­ge für ihre Ana­lo­gie­bil­dung zwi­schen der AfD Thü­rin­gen und dem Beginn des Zwei­ten Welt­krie­ges ange­führt. Sie stützt ihre Aus­sa­gen auf Bewer­tun­gen des Verfassungsschutzes.

3. Der Ver­fas­sungs­schutz ist wie das RKI eine Behör­de und damit wei­sungs­ab­hän­gig. Sie dient der Exe­ku­ti­ve. Wer sich mit den RKI-Files beschäf­tigt hat, konn­te nach­le­sen, zu wel­chen Ver­zer­run­gen der Wirk­lich­keit ein sol­ches Dienst­ver­hält­nis füh­ren kann. Aus­sa­gen einer wei­sungs­ab­hän­gi­gen Behör­de sind des­halb grund­sätz­lich skep­tisch zu bewer­ten, dies umso mehr, als der ehe­ma­li­ge Prä­si­dent, Hans-Georg Maa­ßen, ent­las­sen wur­de, weil er eine Pro­pa­gan­da­lü­ge der Ex-Kanz­le­rin („Hetz­jag­den von Chem­nitz“) nicht mit­ge­spielt, son­dern als kor­rek­ter Beam­ter als sol­che dar­ge­stellt hat.

4. Über die Fra­ge, wel­che Par­tei­en sich an der poli­ti­schen Wil­lens­bil­dung betei­li­gen, ent­schei­den in Deutsch­land weder selbst ernann­te Demo­kra­tie­ret­ter, abhän­gi­ge Behör­den und schon gar nicht irgend­wel­che Jour­na­lis­ten, son­dern aus­schließ­lich das Bundesverfassungsgericht. 

5. Der Ver­such von Frau Schaus­ten, über das Datum 1. Sep­tem­ber eine Ana­lo­gie zwi­schen dem Beginn des Zwei­ten Welt­krie­ges mit geschätz­ten 60 – 80 Mil­lio­nen Toten, dem Abwurf der ers­ten Atom­bom­ben, der indus­tri­el­len Ver­nich­tung der Juden in Euro­pa, der Ver­wüs­tung gan­zer Län­der und der AfD in Thü­rin­gen her­zu­stel­len, stellt eine der­art kras­se Geschichts­fäl­schung und Ver­harm­lo­sung des Natio­nal­so­zia­lis­mus dar, dass man ent­we­der am Ver­stand von Frau Schaus­ten berech­tig­te Zwei­fel anmel­den muss oder ihre Aus­sa­gen als Dem­ago­gie auf dem Niveau von Joseph Goeb­bels zu wer­ten sind. Tie­fer kann ein Jour­na­list in Deutsch­land nicht sin­ken. Bei­de Mög­lich­kei­ten dis­qua­li­fi­zie­ren Frau Schaus­ten in einer Art und Wei­se, die kei­nen wei­te­ren Ver­bleib auf der Posi­ti­on der Chef­re­dak­teu­rin einer öffent­lich-recht­li­chen Anstalt dulden.

Die Dif­fa­mie­rung des poli­ti­schen Geg­ners hat demo­kra­tie­ge­fähr­den­de Aus­ma­ße ange­nom­men. Sie wird haupt­säch­lich von den Kräf­ten betrie­ben, die in den letz­ten Jah­ren bei­spiel­los ver­sagt haben. Ich darf Sie daher freund­lich bit­ten, das Not­wen­di­ge zu ver­an­las­sen, um wie­der zu poli­tisch-sach­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen zurück zu finden.