Sehr geehrte Damen und Herren Parlamentarier,
ein deutscher Bundestag, der fünf mal hintereinander elementare Bestandteile der Verfassung mit Begründungen außer Kraft setzt, die in der Welt der Tatsachen nicht bestätigt werden können, entspricht nicht dem, was der parlamentarische Rat sich von dieser Institution erwünscht und als Konsequenz der Erfahrung des Dritten Reiches vorgesehen hat.
Der Artikel 38 des deutschen Grundgesetzes regelt klar und deutlich die Voraussetzung einer funktionierenden repräsentativen Demokratie: jeder Abgeordnete vertritt das ganze Volk. Abgeordnete, die ihr Abstimmungsverhalten vorrangig am Erhalt ihrer Privilegien und/oder dem Erwerb bestimmter Pensionsansprüche ausrichten, sind im Sinne des Gesetzes keine Demokraten.
Wer seinen Körper in Form von sexuellen Dienstleistungen gegen Geld verkauft, prostituiert sich. Wer seine Meinung in Form organisierter Lügen gegen Geld verbreitet, wird Propagandist, neudeutsch Haltungsjournalist genannt. Für Abgeordnete, die sich der Herausforderung des Gemeinwohls verweigern, sich überall nach vorne stellen und ihre Stimme gegen Geld oder dem Gefühl von Wichtigkeit verkaufen, fehlt bislang ein einschlägiger Begriff.
Es gibt nur eine wirkliche Notlage in Deutschland. Sämtliche tragenden Säulen der zweiten deutschen Demokratie sind dem Verfall, der Korruption und der maßlosen politischen Willkür preisgegeben. Sollten Sie beim Blick in den Spiegel in irgendeiner vergessenen Ecke noch Restbestände von Würde entdecken, ersparen Sie uns doch bitte die tägliche Zumutung und lösen sich mit der bekannten Kombination von Misstrauensvotum und Vertrauensfrage selbst auf.
Mit staatsbürgerlichen Grüßen
Boris Blaha
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