Eines der gegenwärtig am häufigsten gehörten Wörter lautet: Populist, meist in Verbindung mit Rechts-Populist, seltener mit Links-Populist, Hauptsache Populist. Was noch vor wenigen Jahren die lieben Mitbürger-/Mitbürgerinnen waren, sind jetzt überwiegend Populisten. Sie tauchen überall auf. Es scheint, als hätte die Hölle ihre Schleusen geöffnet und würde plötzlich massenweise Populisten ausspeien, so sehr fühlen wir uns von Ihnen rundherum bedroht und in die Ecke gedrängt. Eine gewisse Wagenburgmentalität macht sich breit. Wir, die letzten Aufrechten, müssen uns zusammenschließen, eine feste Burg bilden und uns gegen den Ansturm verteidigen.
Was ist geschehen? Die übliche Frage würde lauten: was ist überhaupt ein Populist? Sie würde alle möglichen Attribute zusammentragen, um sie erschöpfend zu beantworten. Im zweiten Schritt könnte man dann erklären, warum sich die Populisten so lange versteckt haben und wir sie erst jetzt bemerken. Hätten wir damit die bedrohlich scheinende Lage entspannt? Wohl kaum. Fragen wir also anders: was tut jemand, der einen anderen als Populisten bezeichnet? Populist ist ja nicht nur eine Aussage über etwas, sondern zugleich eine Handlung im Verhältnis zu anderen. Mit der Aussage: „der da ist ein Populist“ tut jemand etwas und er möchte mit diesem Tun etwas bewirken, Wirkungstreffer landen, wie man im Boxsport sagt. Die Zuschreibung soll Effekte haben. Welche? Noch vor jeder inhaltlichen Klärung, sorgt die Aussage Populist für einen ersten Unterschied. Wer einen anderen als Populisten benennt, zeichnet sich selbst im gleichen Zug als Nicht-Populist aus. Er teilt damit einen Raum in zwei Felder und schiebt eine möglichst große Distanz dazwischen. Man trifft sich jetzt nicht mehr in der Mitte. Wenn der da drüben ein Populist ist, ich bin auf jeden Fall keiner! Was ich stattdessen bin, bleibt zwar völlig im Verborgenen, denn eine gemeinsame Sache, zu der meine Haltung sichtbar werden würde, kann es mit denen da drüben ja wegen der durch die große Distanz verlorenen Mitte nicht mehr geben, aber in jedem Falle bin ich kein Populist. Das ist schon mehr als nichts. Zweitens: Populisten und Nicht-Populisten spielen nicht auf der gleichen Ebene. Sie treten nicht auf einem gemeinsamen Spielfeld als zwei gegnerische Mannschaften in Erscheinung, von denen jede, je nachdem wie gut sie spielt, gewinnen könnte und die zu Beginn in der Mitte unter den wohlwollenden Augen des Schiedsrichters entscheiden, ob sie erst von links nach rechts oder von rechts nach links spielen. Eine politische Haltung würde den Gegner in einem Verhältnis halten, sie hätte erfahren, dass sie für Krieg und Frieden auf ihn angewiesen ist, zumal beides im Politischen Rechtsverhältnisse sind, die nur tragen, solange die Rechtsträger noch da sind. Ein Populist aber kann nie gleichwertiger Gegner werden, denn hier wurde über den Sieg längst schon im voraus entschieden. Für einen solchen Sieg braucht es kein Spiel mehr. Die Haltung in der Logik des Einen sucht den anderen zu vernichten. Die Aussagehandlung Populist enthält einen Rangunterschied - der Populist ist einer, der durch diese Zuschreibung erniedrigt werden soll, er vereinfacht, er lügt, er führt die Leute hinters Licht, kurz, er ist ein durch und durch verkommenes Subjekt; die Aussagehandlung ‘Populist’ enthält eine klare Herabsetzung des so Bezeichneten und damit zugleich eine Heraufsetzung des Bezeichnenden. Wer Populist sagt, erhebt/erwählt sich selbst und genießt seine so hergestellte Erhabenheit als großartigen Erfolg. Das Spielfeld verändert sich unter der Hand in einen Raum, der in ein Innen und ein Außen gespalten wird. Die Nicht-Populisten homogenisieren und reinigen sich dadurch, dass sie die Populisten in das Außen heraus setzen. Innen ist es hell. Das Innen wird zu einem exklusiven Raum, in den die Populisten keinen Zutritt mehr bekommen dürfen und von Torwächtern abgewiesen werden. Den noch Schwankenden wird zugerufen: Hört nicht auf diese Populisten - sie verführen euch nur - kommt lieber zu uns.
Aber vor dem Gesetz sind doch alle gleich, das Gesetz versetzt sie doch alle auf die gleiche Ebene. Erst durch das Gesetz können sie doch im Politischen als so konstituierte Gleiche miteinander sprechen und streiten um das, was gerade auf dem Spiel steht. Und wenn überhaupt noch von Herrschaft die Rede ist, dann doch nur von der Herrschaft des Gesetzes. Was aber geschieht? Die Aussagehandlung Populist zerstört das Gesetz, das Politische und das Spiel. Es wird jetzt ernst. Die Aussagehandlung Populist setzt sich selbst in die Rolle des Gesetzgebers, der Innen von Außen trennt und über Zulassung und Nichtzulassung zum Inneren entscheidet. Es ist jetzt viel von Kampf die Rede. Man müsse die Populisten besiegen. Vereinzelt taucht sogar schon der Begriff der letzten Schlacht auf.
Mit der Herab-/Heraufsetzung hat sich der Nicht-Populist am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen, auf einen privilegierten Sitz gehieft und sich dort fest gezurrt. Er muss nicht mehr herunter steigen, sich nicht mehr aussetzen, er muss nicht mehr selbst argumentieren, versuchen zu überzeugen, für seine Meinung streiten, er muss nichts mehr zum Verständnis der gegenwärtigen Lage beitragen, er muss nur noch laut aussagen: „der da ist ein Populist“. Damit wird die Wahrheit der Mitte zwischen den Bürgern entzogen und ins eigene Selbst verlegt, wodurch sich das Verhältnis zu den anderen grundlegend verändert. Der Nicht-Populist hat jetzt seine eigene Wahrheit in einem besonderen Innenverhältnis, das die Populisten da draußen weder haben können, noch an dem sie teilhaben dürfen. Daraus folgt: der Erhabene muss jetzt die anderen nicht mehr respektieren, er spricht nicht mehr mit ihnen, von dort aus denunziert er sie und entlarvt sie als das Böse oder Falsche. Es dauert meist nicht lange und die ehemaligen Mitbürger werden der letzten Reste ihres durch das Gesetz eröffneten Person-Seins entkleidet und zum Ungeziefer deklariert. Er beansprucht jetzt unbedingte Herrschaft und Gefolgschaft. Er hat sich nicht etwa dem Urteil der anderen ausgesetzt, etwa gar den Wählern, er hat sich nicht darum bemüht, sich Autorität von den anderen zu erwerben, sondern von vornherein schon festgelegt: ich sitze auf dem einzig richtigen Platz, damit müssen alle anderen falsch sein. Sofern ich das Licht bin, müssen alle anderen Geschöpfe der Finsternis sein. Das kommt, man wird sich erinnern, aus einer bestimmten Weise der religiösen und der philosophischen Selbstermächtigung, die sich aus einer traumatischen Ohnmachtserfahrung heraus zunächst vom Politischen absondern, in der Rückwendung aber das Politische durch ihren Herrschaftsanspruch zerstören und bei mangelndem Gehorsam schnell zur Gewalt greifen. Was heute die Populisten sind, waren zu Platons Zeiten die Sophisten, während Moses die Figur der Selbst-Auserwähltheit ins Spiel gebracht hat, die alle andern zu Nicht-Auserwählten herabsetzt. Wer nicht für mich ist, ist gegen mich, ein jeder gürte sein Schwert und erschlage seinen abweichenden Nachbarn, lautet die letzte Konsequenz in der Sinai-Episode, eine europäische Urszene, sie sich seither unzählige Male wiederholt hat.
Vor wem also sollten wir uns mehr fürchten? Vor den Populisten oder vor denen, die so viel Angst vor den Populisten haben, die so schwach, so mutlos, so unerfahren sind, dass sie der Freiheit nicht gewachsen sind, sich dem Urteil der anderen entziehen und sich vor lauter Verzweiflung zurück ins vermeintlich sicher gegründete ‘Haus des Herrn’ flüchten?
5. Dezember 2016 um 12:35 Uhr
Populist
Einer der negativ besetzten Begriffe, die im gesellschaftlichen Diskurs gegenwärtig inflationär verwendet werden, ist „Populist“. Gemeinhin gilt jemand als „Populist“, der mit einfachen Antworten auf schwierige Fragen hausieren geht. Ein großes „Nest solcher Populisten“ in unserer Gesellschaft scheint mir aus den christlichen und islamischen Klerikern und deren Gefolgschaften zu bestehen. Denn sie orientieren sich bei ihrem Lebensvollzug an Ideologien, die inhaltlich eindeutig populistische Charakterzüge aufweisen. Und diese „Nest-Mitglieder“ empfehlen, dass sich alle Gesellschaftsmitglieder so wie sie verhalten sollten – populistisch.
Gruß von
Klarsicht
5. Dezember 2016 um 13:45 Uhr
Irgendwann einmal wird sich die beabsichtigte Wirkung eines solchen konstruierten Begriffes abnutzen und ins Gegenteil umkehren. Aus dem negativ besetzten Begriff wird eine Marke. “Wir sind das Pack“ / “Wir sind die Populisten“. (Na und? Super, die wähle ich).
5. Dezember 2016 um 15:17 Uhr
Ich hatte zuerst Boris Blabla gelesen 🙂
Aber der Artikel ist kein Blabla. Ein Bla mit Aha= Blaha
Danke, habe ihn geteilt… besser: vermehrt!
5. Dezember 2016 um 16:47 Uhr
Dummheit und/oder Informationsdefizite führen zu dem, was tagtäglich von Parteien und ihren Wortführern herausgeblasen wird. Es geht nicht um die Weiterentwicklung unserer parlamentarischen Demokratie, sondern um Bevormundung und Gleichschaltung.
5. Dezember 2016 um 17:23 Uhr
Populismus ist: Wenn der eine Populist den anderen Populisten als Populisten beschimpft.
5. Dezember 2016 um 17:45 Uhr
populist
Webdefinitionen
1. Populismus bezeichnet eine um „Nähe zum Volk“ bemühte Politik, die Unzufriedenheit, Ressentiments, Ängste, Hoffnung und aktuelle Konflikte ausdrückt oder instrumentalisiert, indem sie Gefühle anspricht und einfache Lösungen vorstellt. …
http://de.wikipedia.org/wiki/Populist
Man könnte es noch etwas vereinfachen:
ALLE Populisten und politisch-religiösen Volksbeglücker, von ganz extrem links bis nach viertelhalbrechts in der Mitte, eint der folgende Grundgedanke
Ein „Populist“ möchte gerne „populär“ sein
= definitionsgemäss…bei der grossen Masse bekannt und beliebt.
Die BÖSEN (Populisten) – das sind IMMER die anderen (Populisten).
So ungefähr wird es jeden Tag in allen Sorten Medien breitgetreten.
Jedoch.
„Getret´ner Quark wird breit, nicht stark“
Ein kleiner Schreibfehler könnte weiterhelfen:
Überwiegend ist „popo-leer“ angesagt
Sprich - bei den Völkern einen auf dicke Hose machen.
Aber in Wirklichkeit ist gar kein Popu…Popo…A.… in der Hose…oder im Hosenanzug.
Am besten mal das Gegenteil auf die Tagesordnung setzen.
So manche® „Populist(in)“ wäre nämlich mit „popo-voll“ sehr gut bedient.
Es grüsst…Ihr Bundeswahrsager
p.s.
Und wenn im Zusammenhang mit Populisten die „HÖLLE“ bemüht wird…dann lesen Sie vielleicht einmal zu diesem Thema den folgenden Reisebericht:
http://bundeswahrsager.blogspot.de/2016/12/zurholle-damit-eineware-geschichte.html
p.p.s.
Der Titel der Webseite regt zum Nachdenken an !!!!!!
Dort ist aufgeführt:
„Der Sinn von Politik ist Freiheit“
Ich rege an, über folgende Formulierung nachzudenken:
„Politik ohne Freiheit ergibt keinen Sinn“